Der Krieg Der Tauben – Wie Ein Genfer Mietshaus Im Chaos Versank

Taube, ohne Makeup

Alärm! Alärm! schrie sie, und hörte die Ä-Punkte nicht. So war sie sich auch nicht bewusst, dass sie einen Heidenlärm machte, buchstäblich „Lärm“ schrie und das nur, um sich über die lauten Nachbarn zu beschweren. Elisa war gehörlos. Elisa war eine Taube. Eine schöne weiße gehörlose Taube. Elisa arbeitete seit nunmehr 3 Jahren für die UNO in Genf, immer mal wieder Modell stehend für die neuen Flaggen, ab und zu auch mal posierend für Fotos und Werbekampagnen. Elisa war für ein Model völlig untypisch. Sie war so ziemlich das Gegenteil des Klischees nachdem Models sich regelmäßig auf Partys mit Koks und Champagner vollhauen. Elisa war die typische Haustaube. Viel am rumhängen, großartige Netflix-Guckerin, leidenschaftliche Chips-Esserin, nervöse Feder-Pickerin und Garnicht-so-Klugscheißerin, dass heißt, sie machte gerne überall hin. Aber wie Elisa immer murmelte: Mein Häus, Mein Scheiß.

Elisa flog tagelang Modell für dieses Glasfenster einer französischen Kirche

Der Taubenkrieg mit den Nachbarn lief schon seit Monaten. Es ging zu wie im… naja… wie im Taubenschlag. Dass die Genfer Friedenstauben sich jetzt im Krieg befanden, war also an sich nicht unbedingt unerwartet. Superironisch und lustig für Leser war es trotzdem. Für Nachbarn weniger, klar.

Wohnten sonst noch im Haus: Der amerikanische Weißkopfseeadler (und nicht irgendeiner, sondern der, der auf dem Präsidentensiegel abgebildet ist), ein Malteserfalke, natürlich völlig flugunfähig wegen der ganzen Diamanten, einer der WWF-Pandas, Der Swarovski-Schwan, der sich dauernd mit dem Malteserfalken über Juwelen unterhalten wollte, wofür der sich nun-sowas-von-überhaupt-nicht interesssierte, ein Zigarettenrauchendes Kamel, ein Süßigkeiten-Löwe, ein englischer Bücherwurm, der witzigerweise ein Pinguin war, ein Puma, der bei dem Versuch, in Sportschuhen den NBC-Pfau zu jagen, im Treppenhaus so unglücklich gestürzt war, dass er seitdem im Rollstuhl saß. Da der Fahrstuhl dauernd kaputt war, fuhr er eigentlich nur in seiner Wohnung trinkend von einer Zimmerecke in die andere, was seine Untermieterin, ein Flussnilpferd einer französischen Restaurantkette dermaßen zur Weißglut brachte, dass die Feuerwehr alle paar Tage da war, um das glühende Nilpferd zu retten. Das wiederum zwang einen der beiden Elefanten des Hauses, nämlich der, der das Keramikwarengeschäft im Erdgeschoss direkt unter dem Nilpferd betrieb, in den Konkurs, weil da wo gerettet wird, fallen ja bekanntlich Scherben und da war die Genfer Feuerwehr keine Ausnahme. Der umsichtigste Elefant der Welt wurde von einem depressiven, gehbehinderten Puma in den Konkurs getrieben, und dass, ohne dass diese beiden sich je einmal begegnet wären.

Ein Puma am Boden
Der Puma (alkoholisiert) liegt schreiend am Boden, nachdem er aus seinem Rollstuhl gefallen ist

Nachdem der Porzellan-Elefant ausgezogen war, blieb nur noch der amerikanische Elefant links im zweiten Stock. Er war sehr kauzig, lebte in einem viel zu kleinen leeren Raum. Alle ignorierten ihn, außer die, deren Englischkenntnisse nicht gut genug waren, um das Konzept zu verstehen. („The elephant in the room“ ist eine englische Redewendung, die den oben stehenden Satz ziemlich lustig macht, wenn man weiß, worum’s geht. Ja, wir grenzen hier gerne aus und verlangen ein hohes Sprachniveau oder eine minimale Lust zum Googlen. Nee, war nur Spass, hab auch dich gern. Auch wenn du so komisch guckst. Lies jetzt weiter, du Nase.)
Dass der gesamten Nachbarschaft jetzt die Tauben aufs Dach stiegen, war ganz klar das Ende der Fahnenstange. Es wollte ja auch keiner mehr ins Haus ziehen. Genf ist eine Stadt mit viel Wohnplatzbedarf und hohen Mieten. Aber in ein Haus mit solchen Lärmproblemen, da wollte selbst der Haribo-Bär nicht mehr einziehen, der für seine legendären Gummi und Gelatineparties berühmt und berüchtigt war. Gegen die Tauben auf dem Dach half auch der Spatz in der Hand nicht mehr. Eine kleine schöne Bronze-Skulptur im Eingangsbereich, direkt neben dem Aufzug, die schön symbolisierte, warum Erdgeschosswohnungen Dach-Lofts vorzuziehen sind.

Ende Teil 1

Im 2. Teil: Wie der Taubenkrieg begann und die Tauben auf dem Dach den Hund in der Pfanne verrückt machen. Erhalte eine schöne Email inklusive Buchstaben und Satzzeichen (allerdings ohne Umschlag wegen Umweltschutz und so), sobald der 2. Teil online ist: Abonniere dich an unseren Neuigkeitsbrief.

Zum Abschluss des 1. Teils noch diese schöne Notiz von Wikipedia:

“ … Das Symbol der Friedenstaube hat in der Straßentaube, die in schätzungsweise 2000 Kämpfe im Jahr verwickelt ist, keine verhaltensbiologische Entsprechung. … „

Kleine Spalte ganz groß – Wie Endingen vom Erdboden verschwand

Ein Riss oder Eine Spalte

Eine Spalte im Asphalt. Erst ganz klein. Klitzeklein. Kann man drübersteigen. Bemerkt man gar nicht, die Spalte. Wenn man 1,80 groß ist. Oder 1,60. Menschlich groß. So ein Chihuahua, der bemerkt sie vielleicht. Ein gehender Spatz bestimmt auch. Eine hinkende Taube auf jeden Fall. Aber eine fliegende nicht. Vielleicht doch. Also wenn da gerade so eine Brotkrume, oder ein krummes Korn am Rand liegen würde. In der, an der Spalte. Da würde die fliegende Taube bestimmt das sehen. Auch von weitem. Die haben da ja so einen Adlerblick. Sowieso, man sagt ja dass selbst ein blindes Huhn mal ein Korn findet, wieso also nicht eine fliegende Taube? Selbst in klitzekleiner, schmaler Asphaltspalte. Wird aber täglich größer. Merkt irgendwann sogar der Bäcker. Ist ja direkt vor seinem Eingang. Wird so ja fast zu seiner, zu einer Bäckerspalte. Hat mit der Klempnerspalte nichts gemeinsam. Wird zur bösen Spalte. Spaltet nach und nach die schöne Bäckerei von all den schönen, hässlichen, und mittelmäßig herausgeputzten Kunden ab. Eine geschäftsschädigende Spaltung im Ort. So hat es der Bäcker auch der Stadtverwaltung gesagt. Hat es ihnen eher um die Ohren gehauen. Mit hochrotem Kopf. Am schnurlosen Telefon, mit beiden Beinen mitten im geschädigten Geschäftsleben stehend, über der Spalte, damit er sie besser erklären kann, damit die Herrschaften von der Stadtverwaltung sie auch schön visualisieren können, diese drastische Spalte. Bald schon 8 Zentimeter breit. Und weit und breit keine Abdeckung in Sicht. Deckungslos, die Spalte. Permanent strauchelgefährdet, die Kundschaft. Wie soll das denn gehen, wenn Brötchenholen zur Bergsteigerpartie wird. Klar, die Kids machen das gerne, das sportliche Spaltenspringen. Aber die Frau Meier, die ist doch gebrechlich, und der Rollator des Kunzen-Witwers, der rollt da hinunter, in die Abgründe der städtischen Gehsteigsinnereien. Dafür ist so ein AOK-Rollator doch gar nicht gedacht, dass er da neben Abwasser- und alten ISDN-Kabeln herumrollt. Das muss er doch nicht können, dem wird doch selbst der Geronimo 80 nicht gerecht, das Topmodell unter den Rollatoren, mit doppelter Ergonom-Handbremse und integrierter Nylonnetztasche. Und wer soll das denn zahlen, wenn da die Laugen- Sesam-, Mohn- und Weizenmischbrötchen purzeln, ganz zu schweigen von den Streusel-, Käse- und Vortagskuchen zum halben Preis. Das kann doch ein deutscher Innungsbäckermeister nicht aus der eigenen Tasche, so tief ist die doch nicht, bei der ganzen Supermarkt- und Industriebackkonkurrenz. Wo doch jetzt auch noch die Überseebäcker die Preise unterbieten. Wenn dann da noch so eine Spalte von unten einem den Boden unter den Füßen wegreißt, dann kann man den Laden ja gleich zu, da wird dann immer schön plakatiert „Kauft vor Haus“, „Gebt’s dem Einzelhandel“, „Ihr netter Laden nebenan“ und dann spaltet man die dann hinterrücks ab als dass man denken könnte da steckten die Großketten, die Aldidlekapennys hintendran. Könnte man meinen. Und die Spalte? Jetzt schon bei mindestens 15 Zentimeter Bodendeckung. Es geht eindeutig zu weit. Der Mann von der Stadt war da, hat gemessen. Da war sie nur bei 12 Zentimetern. Hat gesagt, da müsste man mal was unternehmen, zumindest ein Schild, da könnte ja sonst noch ein Unfall… Derweil purzeln die Brötchen eifrig weiter. Ein Dackel war auch schon drin. Hatte aber eine Reißleine um, also so eine Hundeleine mit Einzug, da war der schnell wieder oben. Hat der ganz schön geguckt, der Depp. Frauchen die Spalte angeschimpft. Kann die Spalte ja auch nichts dafür. Macht ja nur, was Spalten so machen. Spaltet und spaltet, tagaus, tagein. Macht sie sehr gut, immer besser, größer, schöner, weiter, stetiger Fortschritt, bestraft jeden Fehltritt und nährt sich von Stauchungen und Gerstenmischbrot, nur 2,49 die 500 Gramm. Aktion noch bis zum 30.9. Aber wenn das so weiter geht vielleicht noch länger. Kommen ja immer weniger in den Laden. Schaffen es nicht einmal mehr bis zum Bimmeln der Tür.

Abbildung einer Bäckerei ohne Spalte und ohne Boden

22 Zentimeter. Bald sollte sie reif sein für die Geburt, witzelt die Hebamme vom Kreiskrankenhaus zur Blumenverkäuferin vom Ortsfriedhof und fällt prompt hinein. 2 Wochen Bettruhe und einen Knöchel so dick wie ein Babykopf, für den man einen Kaiserschnitt braucht. Hat sie aber schon ein wenig verdient, der Witz war nicht gut und kleine Sünden spaltet der liebe Gott ja bekanntlich… 30 Zentimeter. Das Lineal vom Bäckersohn ist jetzt genauso lang wie die Spalte breit ist. Bald muss er es mehrmals anlegen. Einen Finger in der Luft stillhalten, um die gesamte Breite der Spalte zu messen. Heute kommt endlich die Stadt. Im orangefarbenen Kleinlaster, beladen mit großen Spanplatten. Werden beschnitten, gesägt, verlegt und verschraubt. Sieht gut aus. Sauber. Schön besprüht mit gelb und schwarz, dass da auch ja keiner stolpert. Vor 12 Uhr erledigt. Freut sich der Bäcker, Kaffee und Semmeln spendiert er. Bis dann der Bautrupp kommt. Die Dachdecker, die wollen auch zu den Semmeln, stehen zu dritt auf der Platte und dann plötzlich alle 3, einen halben Meter tief im Gehsteig. Wumms die Platten kaputt. Was war denn jetzt das? Die Jungs von der Stadt den Kaffee ausgetrunken, die Platten abgeschraubt, aber nicht ohne vorher die Dachdecker wieder aus der Tiefe auf den Boden der Gehsteigtatsachen zurückgeholt zu haben. Großen Plattenreste auf den immer noch gleich orangefarbenen Kleinlaster geladen und weg waren sie. Hat der Chef noch irgendwas von „falscher Norm“ gemurmelt und „müssten sie neu bestellen“. Der Bäcker ist zu kurz geschoren am Kopf, um sich die Haare zu raufen. Nimmt er einen Hefezopf und schmeißt ihn durch die Bäckerei. Hat den Lehrling nur knapp verfehlt. War dem egal, Hefezopf mag er. Außerdem ist er ein fröhlicher Spaltenspringer. Mehr Spalte = weniger Kunden = weniger Teig = mehr Zeit für Claudia schreiben oder Memes bescrollen. Das würde der Chef nie verstehen, dazu ist der zu alt und zu Excelabhängig. Die Zahlen müssen stimmen, sonst nimmt ihm die Bank die schöne neue HSM40 wieder. Dann können Sie wieder mit der alten Leiermaschine kneten und dann müssen sie halt doch wieder schneller schaffen. Und dann geht alles wieder von vorne los. Da hat er jetzt 15 Jahre geschafft wie blöd, damit das hält, damit die Excel-Tabelle endlich mal schwarz ist unten, und nicht mehr rot, und dann öffnet sich der Boden. Soll die Bank sie doch holen, die HSM40, sollen die doch ihr Geld in der Zweigstelle am Marktplatz kneten, aber erst müssen sie sie über die Spalte hieven, das möchte er sehen, wie das gehen soll.
Ging ganz leicht. Da war ein Kranarm am Laster. Eine Bank, die kann sich so was leisten. Einen Laster mit Kranarm. Ganz leicht zu bedienen. Und was hatten sie geschuftet damals, um das schwere Ding auf den Gehsteig und dann über die Stufe in den Laden zu stemmen. Und jetzt einfach mal schwuppdiwupp, zwei Hydraulikstöße und das Ding wieder weg. Da weint selbst der Lehrling ein bisschen. Aber mehr wegen Claudia, die meldet sich nicht mehr seit Montag, aber das weiß ja der Chef nicht, der tröstet ihn trotzdem und freut sich insgeheim, dass er so ein treues Team hat, das mitleidet, wenn sein ganzer Stolz wieder geht, weil das Leasing nicht lief.
Derweil spaltet die Spalte weiter. Die Bücherei ist jetzt auch betroffen. Das Kino dann auch bald. Der 724 hält jetzt schon weiter vorne. Kann man ja nicht riskieren, dass da einer direkt vom Bus in die Spalte. Das passt nicht zum Motto der regionalen Verkehrsplaner: „Wir bringen Sie weiter“. Nicht tiefer, weiter. Also lieber weiter vorne halten. Von da aus kann dann ja immer noch jeder für sich selbst entscheiden, ob er in die Spalte fallen will oder nicht. Da mischen sich die lokalen Verkehrsingenieure nicht ein. Das ist Politik. Das gehört nicht in das Verkehrsressort. Da sind die kategorisch. Das war schon damals so, als das Ticket von 2,20 auf 2,40 erhöht wurde, daran wird jetzt auch eine exponentielle Spalte nichts ändern. Dachten die sich so.

Eine Strasse im ehemaligen Endingen
Endingen war so eine schöne Stadt. Wirklich schade.

Aber als dann die Spalte über die Straße ihren Weg bis zum Eisladen findet, da geht dann doch ein Ruck durch die Stadt. Das haben sie dann in der Lokalzeitung fröhlich mit „Kernspaltung“ betitelt. Da mussten selbst der Rösti, der älteste Hase in der Lokalredaktion, grinsen, als sie den Titel gefunden hatten. Das war frisch, trotz der ernsten Sachlage. Warum „Kernspaltung“, fragst du. Ist doch klar, weil der Ortskern durch die Spalte. Das versteht man doch. Hat aber dann doch keiner verstanden. Da hat der Rösti den Kopf drei Tage lang hängen lassen. War aber besser so. Denn dadurch hat er die zweite, die neue, die bessere Spalte gerade noch so entdeckt, bevor er hineingesaust ist. Ja, gefallen ist er trotzdem, aber mehr gerutscht. Und so nur blaue Flecken. Keine Gehirnerschütterung gar nichts. Hat er gleich seiner Zeitung ein Exklusivinterview aus der Spalte geben können. Und gefilmt hat er sich auch. Wie tief und breit die neue Spalte schon war. Da wird die alte Spalte aber nicht glücklich sein, dass die neue ihr so die Vorabendshow stiehlt. War sie auch nicht. Und hat noch schneller gespaltet. Haben sie um die Wette gespaltet, die zwei. Sind die Häuser nur so reingeplumst, in die Spaltentiefen. Kamen die in der Lokalzeitung mit den lustigen Überschriften gar nicht mehr hinterher. Nur als der Friseursalon dann auch weg war, haben sie noch eine „Haarspalterei“ auf Seite 3 gewagt. Als dann die Lokalzeitungsredaktion inklusive Frauenparkplatz auch schwuppdiwupp 6 Meter nach unten verlagert wurde, war es vorbei mit der Titlerei. Danach ging es dann eh ganz schnell. Nur 3 Tage später war dann ganz Endingen weg. Buchstäblich vom Erdboden verschluckt. In die Spalte gepackt. Findet man heute auf keiner Karte mehr. Kannste lange suchen. Was aus den beiden Spalten geworden ist? Wissen wir auch nicht. Wir wünschen uns ganz fest und tief, dass sie letztendlich zusammengefunden haben und sich zu einer großen, glücklichen Grube vereint haben. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann spalten sie vielleicht noch heute.

Talfahrt mit Hindernissen – Die letzte Schussfahrt des Onkel W.

Abschüssiger Weg, von Bäumen umgeben

Onkel W. ist zuhause gestorben. Mitten im Dorf wohnend, wird er am Tage der Beerdigung in seinem Haus zur zweihundert Meter entfernten Kirche getragen. Gefolgt vom Trauerzug, wird der Sarg auf einem Rollwagen von 4 Totengräbern die Hauptstraße entlang Richtung Kirche gerollt.

Abschüssiger Weg, von Bäumen umgeben
Zum Ski-Springen zu kurz und zu flach, aber für eine kurze schnelle Sargfahrt ist dieser abschüssige Weg gut geeignet

Eine Steigung führt hoch zur Kirche. Es passiert was passieren muss. Der Rollwagen mit dem Sarg, oben am Hügel angekommen, entgleitet den Trägern, rollt die Allee hinunter. Hunde, Kinder, Rollatoren, Alte, Kranke und alte Kranke müssen sich mit Sprüngen und enormer Rennerei vor dem Sarg retten, der wie ein Geschoss den Hang hinab rollt. Knapp verfolgt von den Bestattern, die aber auch nach und nach stolpernd zu Boden fallen. Nur der junge Azubi schafft es, sich an den Sarg zu krallen, was aber nur zur Folge hat, dass er bis zum Ende des Hanges mitgeschleift wird. Aufgeschürft, die neue schwarze Polyester-Hose. Aufgeschürft, die jungen weißen Azubi-Beine. Der Sarg, einmal in Fahrt gekommen, lässt sich von solchen Kleinigkeiten nicht aufhalten. Er hält keineswegs am Ende des Hanges an. Er rollt weiter bis zur kleinen Brücke, die über den jetzt im Frühjahr reißenden Dorfbach führt. Der Rollwagen wird abrupt durch das solide runde, DIN-geprüfte Stahlgeländer gestoppt. Die Geranien in den Blumenkästen werden geschüttelt und einige Blüten fallen auf den reißenden Bach und werden mit dem Sarg, der vom Rollwagen über das Geländer schießt, von der Strömung fortgerissen.

Da fließt er nun davon, Onkel W. Weggeschwemmt mit einer Energie, die er schon seit Jahren nicht mehr an den Tag legte. Bye bye, altes Haus, dir eine gute Fahrt auf deiner letzten Wildwasserbahn!