Onkel W. ist zuhause gestorben. Mitten im Dorf wohnend, wird er am Tage der Beerdigung in seinem Haus zur zweihundert Meter entfernten Kirche getragen. Gefolgt vom Trauerzug, wird der Sarg auf einem Rollwagen von 4 Totengräbern die Hauptstraße entlang Richtung Kirche gerollt.
Eine Steigung führt hoch zur Kirche. Es passiert was passieren muss. Der Rollwagen mit dem Sarg, oben am Hügel angekommen, entgleitet den Trägern, rollt die Allee hinunter. Hunde, Kinder, Rollatoren, Alte, Kranke und alte Kranke müssen sich mit Sprüngen und enormer Rennerei vor dem Sarg retten, der wie ein Geschoss den Hang hinab rollt. Knapp verfolgt von den Bestattern, die aber auch nach und nach stolpernd zu Boden fallen. Nur der junge Azubi schafft es, sich an den Sarg zu krallen, was aber nur zur Folge hat, dass er bis zum Ende des Hanges mitgeschleift wird. Aufgeschürft, die neue schwarze Polyester-Hose. Aufgeschürft, die jungen weißen Azubi-Beine. Der Sarg, einmal in Fahrt gekommen, lässt sich von solchen Kleinigkeiten nicht aufhalten. Er hält keineswegs am Ende des Hanges an. Er rollt weiter bis zur kleinen Brücke, die über den jetzt im Frühjahr reißenden Dorfbach führt. Der Rollwagen wird abrupt durch das solide runde, DIN-geprüfte Stahlgeländer gestoppt. Die Geranien in den Blumenkästen werden geschüttelt und einige Blüten fallen auf den reißenden Bach und werden mit dem Sarg, der vom Rollwagen über das Geländer schießt, von der Strömung fortgerissen.
Da fließt er nun davon, Onkel W. Weggeschwemmt mit einer Energie, die er schon seit Jahren nicht mehr an den Tag legte. Bye bye, altes Haus, dir eine gute Fahrt auf deiner letzten Wildwasserbahn!